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"EIN KUNSTWERK, DAS VERMISST WERDEN UND IN DIE KUNSTGESCHICHTE EINGEHEN WIRD"

"EIN KUNSTWERK, DAS VERMISST WERDEN UND IN DIE KUNSTGESCHICHTE EINGEHEN WIRD"

09.09.2019 "Mit einem sehr positiven Ergebnis" (Medienmitteilung) endete die "Robert Walser-Sculpture" am Sonntag, dem 
8. September 2019. Während fast drei Monaten besuchte ein breites Publikum das vom Künstler Thomas Hirschhorn (Bild) realisierte Kunstwerk auf dem Bahnhofplatz Biel/Bienne. Die BesucherInnen konnten an 38 Veranstaltungen pro Tag Robert Walser in verschiedensten Formen und Formaten begegnen.


Bild: Thomas Hirschhorn am 14. April 2019 in Biel/Bienne - Foto: © Edouard Rieben, Biel/Arles, http://www.edouardrieben.ch/kontakt.html

Auch für die Stiftung Schweizerische Plastikausstellung (SPA), die Thomas Hirschhorn zur 13. Auflage eingeladen hat, sind die Ergebnisse "sehr positiv": Das Projekt war Gegenstand von Kritik, aber wie die Bieler Historikerin Margrit Wick-Werder in einer ihrer täglichen Interventionen auf der "Robert Walser-Sculpture" aufzeigte, hatte die SPA seit ihrer ersten Ausgabe im 1954 immer für kritische Meinungen gesorgt. "Wenn in diesem Jahr alle für dieses Projekt eingestanden wären, hätte die SPA ihre Aufgabe, die zeitgenössische Kunst zu hinterfragen und sie zur Diskussion zu stellen, nicht erfüllt", sagt Cédric Némitz, Präsident der SPA.

Für Beat Cattaruzza, Mitglied des Stiftungsrates SPA, der die Projektrealisierung eng begleitete, war es ein "täglich in die Schlacht ziehen, aber befeuert von einer fordernden Energie von Thomas Hirschhorn, die allen in Erinnerung bleiben wird, die sich mit Hingabe und ihren Beiträgen daran beteiligt haben. Allen gehört der Dank der Stiftung."

Die "Robert Walser-Sculpture" hat ein Budget von CHF 1'692 Mio. Die SPA benötigt noch CHF 72'000.00, um es zu vervollständigen. Der Aufruf zur Unterstützung, insbesondere durch den Erwerb des Buches zu diesem Projekt, bleibt bestehen.

Die Demontage der "Robert Walser-Sculpture" begann am Montag, den 9. September und wird am 1. Oktober 2019 abgeschlossen sein. Am Samstag, 28. September von 10 bis 22 Uhr sind alle eingeladen, das Ende dieses Abenteuers auf dem Bahnhofplatz Biel/Bienne mit einem Apéritif zu feiern.

rws

Aus der Sicht der Kuratorin Kathleen Bühler

Vier Ziele hat sich der Künstler Thomas Hirschhorn für die Robert Walser-Sculpture gesetzt, als er sich vor drei Jahren aufmachte, die 13. Schweizer Plastikausstellung mit einem einzigen Werk im öffentlichen Raum zu bestreiten: Robert Walser neu zu denken und mit einem grossen Kunstwerk zu ehren, eine neue Form von Kunst im öffentlichen Raum zu behaupten und Ereignisse mit BielerInnen zu entwickeln.

Trotz behördlicher Hürden, galligen Leserbriefen und täglichen Anfeindungen frustrierter BürgerInnen hat er alle Ziele erreicht und ein Kunstwerk geschaffen, das vermisst werden und in die Kunstgeschichte eingehen wird.

Das Temporäre und damit Prekäre war von Anfang an fester Bestandteil, da gemäss Hirschhorn nicht die Festigkeit des Materials über die Nachhaltigkeit eines Kunstwerks entscheidet, sondern die Intensität der Erlebnisse, die man damit verknüpft.

Und diese waren in der Robert Walser-Sculpture zahlreich. So bestand die Skulptur aus 38 täglichen Ereignissen, welche rund 200 BielerInnen drei Monate lang betreuten. Dazu gehörten ein täglich gespieltes Theaterstück, verschiedene Ausstellungen, die Auskünfte des Robert Walser-Zentrums, die Beratung der kirchlichen Gassenarbeit, tägliche Lesungen von Jean-Pierre Rochat, Ann Cotten und Mara Genschel, zwei geführte tägliche Wanderungen, täglich frische Verpflegung, ein täglicher Spaziergang der Dandelions (HEAD Genf), das Kinderprogramm/Babysitting, Sprachkurse, Einführungen in die arabische Sprache oder Kalligraphie, Lektüren mit BerufsschülerInnen, ein Vortrag der Bieler Historikerin Margrit Wick pro Tag, eine tägliche Gratiszeitung, ein Fernsehstudio mit täglicher Sendung, etc.

Zu diesen kamen aus dem Publikum immer mehr Ereignisse dazu. Es wurden Schriftstellerinnen, Dichter, Musiker und Tänzer entdeckt, die ebenfalls zu Ehren von Walser täglich etwas zum Besten gaben. Menschen, die sich schon immer tagsüber auf dem Bahnhofplatz befanden, wurden zum festen Fundament, auf der die Robert Walser-Sculpture ruhte.

Dabei war es selten ruhig. Dank Gratiseintritt zog es die Leute von 10 bis 22 Uhr auf die Plattform. Von Beginn weg gab es ein festes Stammpublikum, das täglich kam. Die Besucherschar aus dem In- und Ausland war an Montagen genauso gross wie an Wochenenden, da die Leute auch ohne Ankündigung wussten, dass einfach immer "etwas läuft" und sich ohne Vorkenntnisse darauf einliessen. Auch Kinder waren konstante BesucherInnen. Die Gruppe von Kindern im Ferienpass war sogar viermal so gross als üblich. Das Publikum erreichte eine altersmässige, kulturelle und soziale Durchmischung, von der Schweizer Kunstmuseen nur träumen können.

Was wurde für das Vermächtnis von Robert Walser erreicht? Es wurde eine derart intensive Auseinandersetzung auf so unterschiedlichen Ebenen und mit so diversen Medien und Themen geführt, dass selbst die MitarbeiterInnen des Robert Walser Zentrums immer wieder staunten. Sie wurden mit einem so grossen Publikum konfrontiert, dass sie vor lauter Auskunft geben gar nicht zu ihren normalen Büroarbeiten kamen. Und wer noch der Zahlen als Beweis bedarf: im plattformeigenen Bücherladen wurden für über 500 CHF am Tag - an Spitzentagen sogar für über 1'000 CHF pro Tag - Bücher verkauft. Das dürften gleich viele Walser-Bücher sein, wie sonst in Biel pro Jahr über den Ladentischgehen.

Neben den künstlerischen Anliegen ist in der Robert Walser-Sculpture auch das thematisiert worden, was unsere Gesellschaft im Innersten umtreibt: wie garantieren wir, dass wir uns nicht immer mehr voneinander separieren? Wie sorgen wir dafür, dass bei uns wirklich - wie es sich für eine Demokratie gehört - alle zu Wort kommen?

Die vom Künstler angestrebte Ko-Existenz wurde zu einem sich gegenseitig Zuhören, sich Anhören, was das Gegenüber zu erzählen hat, ob es nun ein/e eingeflogene Literatur-ExpertIn war oder der Alkoholiker von der Sitzbank auf dem Bahnhofplatz. Beide hatten Relevantes zu erzählen, das sich mit dem Leben und Werk von Robert Walser verband.

Die BesucherInnen schätzten diese seltenen Einblicke in andere Leben und andere Alltagsumstände. Das soziale Bewusstsein wurde nicht zuletzt dank der häufig vorgelesenen Erlebnisberichte der administrativ Versorgten in der Schweiz geschärft. Denn Robert Walser war selbst ein administrativ Versorgter, wie viele Armutsbetroffene der Schweiz im 20. Jahrhundert. Das Gesetz, unter dem er in die psychiatrische Anstalt in Herisau eingewiesen worden war, blieb bis 1981 gültig und hat unglaubliches Leid verursacht.

Die Plattform der Robert Walser-Sculpture wird also ab Montag, 9. September 2019 demontiert. Der leere Platz wird am Samstag, 28. September, von 10 bis 22 Uhr mit einem Volksfest als Dank wieder der Stadt übergeben.

Die 14'000 Paletten, welche die 1'300 qm Fläche auf 4 Meter Höhe stützten, werden retourniert, das Bauholz recycliert oder gratis abgegeben, die Tische und Stühle verschenkt und die Sofas - welche von der Strasse aufgesammelt wurden - ihrer Entsorgung zugeführt.

Es bleiben ein Sommer voller Erinnerungen zurück sowie ein über 800 Seiten starkes Buch, das diesen Winter beim Verlag Hatje Cantz erscheinen soll.

Biel, 8.9.2019
, Kathleen Bühler, Kuratorin

Kontakt:

https://www.robertwalser-sculpture.com/medienmitteilung-communique-de-presse-biel-bienne-09-09-2019/

http://www.ess-spa.ch/de/

#ThomasHirschhorn #RobertWalserSculpture #KathleenBühler #CédricNémitz #StiftungSchweizerPlastikausstellung #SPA #MargritWickWerder #BeatCattaruzza #BielBienne #CHcultura @CHculturaCH ∆cultura cultura+

MEDIENSTIMMEN:

Was bleibt übrig nach 86 Tagen Robert Walser-Skulptur? Physisch nichts, aber in den Köpfen bleibe viel.

"Dieser Platz war einfach ein Durchgang zum Bahnhof", sagt der Bieler Gemeinderat Cédric Némitz, "ein Platz, den man möglichst schnell überqueren wollte. Durch Thomas Hirschhorn und seine Skulptur wollte man plötzlich hier verweilen." Die Skulptur habe Biel viel abverlangt, aber für alle Probleme habe man Lösungen gefunden.

Hunderte Jahre werde die Skulptur noch Auswirkungen haben, so Hirschhorn. Erinnerungen an die intensive Zeit in der Skulptur, das sei das, was zähle - nicht die Skulptur an sich.

sda/marl;kocm

https://www.srf.ch/news/regional/bern-freiburg-wallis/ende-der-walser-skulptur-jetzt-wird-in-biel-aufgeraeumt

"Robert Walser-Sculpture" wird abgebaut

Fast drei Monate hat die "Robert Walser-Sculpture" von Thomas Hirschhorn den Bieler Bahnhofplatz zum Kunstort gemacht. Am Sonntag hat das vielbesuchte Kunstwerk sein Ende gefunden. Die Demontage begann am Montag und dauert bis zum 1. Oktober.

sda

https://www.bielertagblatt.ch/nachrichten/kultur/robert-walser-sculpture-wird-abgebaut

"Robert Walser-Sculpture" in Biel ist eine Erfolgsgeschichte

Fast drei Monate hat die "Robert Walser-Sculpture" von Thomas Hirschhorn den Bieler Bahnhofplatz zum Kunstort gemacht.

https://www.derbund.ch/bern/robert-walser-sculpture-in-biel-ist-eine-erfolgsgeschichte/story/19236673

La Robert Walser Sculpture a été fermée

La sculpture érigée devant la gare de Bienne depuis la mi-juin a nécessité trois ans de préparation et deux mois de travaux. Le démontage a commencé.

https://www.20min.ch/ro/news/suisse/story/La-Robert-Walser-Sculpture-a-ete-fermee-22663473

Robert Walser Sculpture: démontage entamé

La Robert Walser Sculpture a commencé à être démontée hier et cela doit durer un mois. C'est une des cinq phases du projet, selon son instigateur Thomas Hirschhorn, qui a dressé son bilan hier.

Julie Gaudio

https://www.journaldujura.ch/nouvelles-en-ligne/region/robert-walser-sculpture-demontage-entame

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Auf www.ch-cultura.ch u.a. erschienen:

https://www.ch-cultura.ch/de/archiv/feste-festivals-messen-boersen/hier-bauen-meister-hirschhorn-und-seine-helferinnen

https://www.ch-cultura.ch/de/archiv/feste-festivals-messen-boersen/thomas-hirschhorn-robert-walser-hatte-keine-angst-vor-dem-abgrund

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