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WAHRHEITSPFLICHT, MEINUNGSPLURALISMUS, SCHUTZ DER PRIVATSPHĂ„RE

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08.11.2016 Drei neue Stellungnahmen des Schweizer Presserates


Schweizer Presserat: Kein Schreibverbot in Schaffhausen (Stellungnahme 34/2016)

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34-2016-x-c-schaffhauser-nachrichten-stn.pdf
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Parteien: X. c. «Schaffhauser Nachrichten» und «Neuhauser Woche»

Thema: Wahrheitspflicht / Meinungspluralismus / Leserbriefe

Beschwerde abgewiesen

Zusammenfassung:

Kein Schreibverbot in Schaffhausen

«Schaffhauser Nachrichten» und «Neuhauser Woche» haben den Meinungspluralismus nicht verletzt. Dies befindet der Schweizer Presserat und weist eine entsprechende Beschwerde ab.

In einem Leserbrief in der «Neuhauser Woche» vom 30. April 2015 übte ein Einwohnerrat heftige Kritik am Baureferenten und Gemeindepräsidenten Neuhausens in Bezug auf ein Bauprojekt im Neuhauser Dorfkern. Dieses sei «ein gutes Beispiel dafür, wie man mit den richtigen Namen, genügend Geld und Aussicht auf Wachstum, mehr Einwohner, mehr Steuern usw. die Gunst des Baureferenten gewinnen kann». Eine Woche später folgte ein Interview mit dem Kritisierten, in welchem dieser seinen Standpunkt darlegen konnte.

In seiner Beschwerde an den Presserat machte der Einwohnerrat geltend, die Geschäftsleitung des Schaffhauser Verlags Meier + Cie hätte den Journalisten der beiden Zeitungen verboten, weiter über diese Sache zu berichten. Der Verlag Meier verfüge zudem im Kanton Schaffhausen über ein faktisches Informationsmonopol, indem er «sämtliche Zeitungen und das Lokalradio» beherrsche. Damit werde der Meinungspluralismus verletzt.

Der Presserat weist die Beschwerde ab. Er fand keine Hinweise, dass der Verlag tatsächlich Einfluss auf die Berichterstattung der «Schaffhauser Nachrichten» genommen hätte oder gar ein Schreibverbot ausgesprochen hätte. Der Beschwerdeführer belegte seinen Vorwurf auch nicht. Sowohl «Schaffhauser Nachrichten» als auch «Neuhauser Woche» berichteten in mehreren Beiträgen über das Bauprojekt. Der Presserat betont, eine Redaktion entscheide frei, wann und in welchem Umfang sie über ein Thema berichte. Die beiden Blätter haben nicht gegen den Meinungspluralismus verstossen.

Der Presserat hält weiter fest, dass der Verlag Meier + Cie in der Region Schaffhausen zweifellos über eine regionale Vormachtstellung verfügt. Dennoch ist ein gewisser Pluralismus gegeben, denn es existieren Alternativen wie «schaffhauser az» und «Schaffhauser Bock», das Regionaljournal SRF sowie «Teletop» und «Radio Rasa». Aber Medien mit regionaler Vormachtstellung müssen besonders verantwortungsbewusst sein. Sie sollen bei der Publikation von Lesermeinungen besonders grosszügig sein.

Schweizer Presserat: Opferbild war rechtens (Stellungnahme 35/2016)

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35-2016-x-c-blick-am-abend-stn.pdf
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Parteien: X. c. «Blick am Abend»

Thema: Schutz der Privatsphäre / Respektieren der Menschenwürde

Beschwerde abgewiesen

Zusammenfassung:

Opferbild war rechtens

«Blick am Abend» hat mit dem Foto einer bei den Brüsseler Terroranschlägen verletzten Frau deren Privatsphäre und Menschenwürde nicht verletzt. Dies entschied der Schweizer Presserat. Er weist eine entsprechende Beschwerde ab.

Am 22. März 2016 veröffentlichte «Blick am Abend» unter dem Titel «Bomben im Herzen der EU» mehrere Bilder über die Terroranschläge vom Morgen in Brüssel. Darunter war das Bild einer sitzenden Frau in gelber Jacke, leicht verletzt, gut identifizierbar und mit halb entkleidetem Oberkörper. Eine zufällig am Flughafen Zaventem anwesende georgische Fotografin hatte die Frau fotografiert, «Blick am Abend» das Bild von der Nachrichtenagentur Associated Press übernommen.

Der Presserat betont, wie wichtig es ist, dass Journalisten über Terrorakte rapportieren und auch dokumentierende Bilder veröffentlichen können. Für den Presserat geht es um den Kern der Reportagefotografie. Die Fotografin zeigt der Öffentlichkeit die menschliche Tragödie hinter dem Terrorakt. Auch wenn die abgebildete Frau klar identifizierbar ist - wie auch die zweite Frau auf dem Bild -, so sieht der Presserat ihre Privatsphäre nicht als verletzt an. Denn hier ist das öffentliche Interesse an einer Publikation klar der Privatsphäre der Abgebildeten überzuordnen. Die Frau ist auch nicht in einer entwürdigenden Situation abgebildet, ihre Menschenwürde war gewahrt.

Schweizer Presserat: Wahlbericht mit der Nazikeule (Stellungnahme 36/2016)

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36-2016-mueller-winninger-c-on-stn.pdf

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Parteien: Müller/Winninger c. «Obersee Nachrichten»

Thema: Wahrheitspflicht / Anhören bei schweren Vorwürfen / Sachlich nicht gerechtfertigte Anschuldigungen

Beschwerde teilweise gutgeheissen

Zusammenfassung:

Wahlbericht mit der Nazikeule

Die «Obersee Nachrichten» in Rapperswil haben mit den Artikeln «Panzer-Fan und Nazidunst in Uznach» sowie «Uznach: Kandidat Müller und seine Nazi-Panzer-Schriften» den Journalistenkodex verletzt. Gemäss Entscheid des Schweizer Presserats hätte die Redaktion den Kandidaten für das Gemeindepräsidium in Uznach SG, Peter Müller, zwingend mit dem impliziten Vorwurf, er tummle sich in einem Nazi-Umfeld, konfrontieren müssen. Weil Müller dazu nicht Stellung nehmen durfte, heisst der Presserat dessen Beschwerde teilweise gut.

Der Presserat hält aber auch fest: «Es gehört zu den Aufgaben einer freiheitlichen Presse, für Aufklärung zu sorgen - gerade wenn es um Bewerber für ein öffentliches Amt geht.» Wenn die «Obersee Nachrichten» den Hintergrund eines Kandidaten für das Vollamt eines Gemeindepräsidenten ausleuchteten, so machten sie nichts anderes, als was eine freiheitliche Gesellschaft von ihnen als «public watchdog» erwarte.

Immerhin war das Amt erstmals öffentlich ausgeschrieben worden, so dass auch Bewerber von ausserhalb der Gemeinde willkommen waren. Welche Bücher der Militärschriften-Verlag des Bewerbers Müller herausgibt, war für die Stimmberechtigten von Bedeutung, ein öffentliches Interesse für die Artikel gegeben.

Anfang März 2016 beleuchteten die «Obersee Nachrichten» den Hintergrund von Müllers Verlag: Müller versammle «eine seltsame Truppe von Autoren». Von seinen Autoren aus dem Nazi-Umfeld habe sich der Verleger nie distanziert. 

Peter Müller beschwerte sich beim Presserat. Die «Obersee Nachrichten» bezeichneten ihn zwar nicht direkt als «Nazi», doch werde ihm diese Haltung unterstellt. Der Verleger monierte, er sei vor der Veröffentlichung nicht kontaktiert worden.

Die «Obersee Nachrichten» beriefen sich darauf, sie hätten von einer Konfrontation absehen können, weil sich die Artikel ausschliesslich auf offiziell verfügbare Informationen von Müllers Website abgestützt hätten.

Der Presserat befand, wenn jemandem ungenügend belegt vorgeworfen werde, er publiziere Autoren aus dem Nazi-Umfeld und wenn von Nazidunst die Rede ist, dann unterstelle man ihm eine besondere Nähe zum nationalsozialistischen Gedankengut. Oder anders ausgedrückt: Es wird eine Nazinähe suggeriert. Zu diesem schweren Vorwurf hätte Müller angehört werden müssen. Die Anhörung kann nicht eine Woche später mit einem Interview - wie von der Redaktion angeboten - nachgeholt und der Fehler quasi «geheilt» werden. Die anderen Punkte der Beschwerde wies der Presserat ab.

ots

Kontakt:

Schweizer Presserat
Conseil suisse de la presse
Consiglio svizzero della stampa
Ursina Wey
Geschäftsführerin/Directrice
Rechtsanwältin
Effingerstrasse 4a
3011 Bern
+41 (0)33 823 12 62
info@presserat.ch
www.presserat.ch

 

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