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"Wesentliche Informationen unterschlagen" / "Interviewte vor sich selbst schützen"

"Wesentliche Informationen unterschlagen" / "Interviewte vor sich selbst schützen"

11.11.2014 Schweizer Presserat: Stellungnahmen 25/2014 und 26/2014


Stellungnahme 25/2014, www.presserat.ch/_25_2014.htm

Parteien: X. c. «Vigousse»

Thema: Unterschlagen von Informationen / Anhörung bei schweren Vorwürfen

Beschwerde teilweise gutgeheissen

Zusammenfassung:

Unter dem Titel «Verteidigung der Radierrechte» (Wortspiel mit «droit de l'homme» und «droit de gomme») kritisierte die Wochenzeitung «Vigousse» einen Walliser Politiker. Dessen Gesuch, gewisse ihn betreffende Einträge auf dem Blog «Sortez de ma chambre» zu löschen, war gutgeheissen worden. Dieser Blog hatte ihn, so schrieb «Vigousse», als «dominikanischen Inquisitor» bezeichnet und als «Chef einer Walliser Jugendgruppierung von Christ-Roi, welche die Wiedereinsetzung eines Prinz-Bischofs im Wallis zum Ziel hat». Der Politiker gelangte an den Presserat und kritisierte, dass «Vigousse» ihn vor Erscheinen des Artikels nicht kontaktiert hatte. Zudem habe die Zeitung die schlimmsten Anschuldigungen des Blogs gar nicht erwähnt (u.a. «Widerling», «Ultra», der überzeugt sei, «dass Buchenwald ein Feriencamp gewesen sei»).

Der Presserat stellt fest, dass «Vigousse» wesentliche Informationen unterschlagen hat. Hätte das Blatt die schlimmsten Anschuldigungen erwähnt, hätten die Leser das Löschgesuch des Politikers besser verstanden. Hingegen beurteilt der Presserat die veröffentlichten Elemente nicht als schwere Vorwürfe. Daher war der Beschwerdeführer dazu nicht zwingend anzuhören.

ots

Stellungnahme 26/2014, www.presserat.ch/_26_2014.htm

Parteien: X. c. «L'illustré»

Thema: Identifizierung

Beschwerde teilweise gutgeheissen

Zusammenfassung:

Auch wenn eine Person bereit ist, unter Preisgabe ihrer Identität zu antworten, entbindet dies einen Journalisten nicht von der Pflicht, das öffentliche Interesse und den Schutz der Privatsphäre gegeneinander abzuwägen.

Im Mai 2014 publizierte die Zeitschrift «L'illustré» eine Reportage aus Guatemala. Sie hatte dort die Hauptklägerin des Prozesses gegen den ehemaligen guatemaltekischen Polizeichef, Erwin Sperisen, ausfindig gemacht. Der Prozess fand in Genf statt. Der Name der Klägerin, deren Sohn im Gefängnis gestorben war, wurde vor Gericht nicht offengelegt.

Die Reportage von «L'illustré» nannte den vollständigen Namen der 70-Jährigen, zeigte Fotos von ihr in ihrem Haus und machte relativ präzise Angaben über ihren Wohnort nahe der Grenze von Guatemala zu Honduras. Die Frau beteuerte, Sperisen nicht wegen des Todes ihres Sohnes angeklagt zu haben. Der Journalist schloss daraus, sie sei von einer Nichtregierungsorganisation manipuliert worden. Eine Beschwerde an den Schweizer Presserat machte geltend, diese Identifizierung sei eine grosse Gefahr für die Sicherheit der 70-Jährigen. Dies umso mehr, als der Artikel auch in Guatemala erschien.

Der Presserat hält fest, dass die Illustrierte diese Angaben nicht hätte veröffentlichen dürfen. Kann eine Person mögliche Konsequenzen ihrer nicht anonym gemachten Aussagen offensichtlich schlecht einschätzen, muss sich der Journalist fragen, wie er deren Privatsphäre schützt. Im vorliegenden Fall ging dieser Schutz dem öffentlichen Interesse an einer Identifizierung der Klägerin vor. Der Presserat urteilt deshalb, dass «L'illustré» die Privatsphäre der Guatemaltekin verletzt hat.

ots

Kontakt:

Schweizer Presserat Conseil suisse de la presse Consiglio svizzero della stampa

Ursina Wey

Geschäftsführerin/Directrice

Fürsprecherin

Effingerstrasse 4a, 3011 Bern

+41 (0)33 823 12 62

info@presserat.ch

www.presserat.ch

 

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