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"FOTOGRAFINNEN AN DER FRONT - Von Lee Miller bis Anja Niedringhaus"

"FOTOGRAFINNEN AN DER FRONT - Von Lee Miller bis Anja Niedringhaus"

03.03.2020 Ausstellung im Fotomuseum Winterthur, bis am 24. Mai 2020


Bild oben: Gerda Taro, Kriegswaise beim Suppenessen, Madrid, Spanien, 1937. © International Center of Photography, New York

Die Ausstellung "Fotografinnen an der Front - Von Lee Miller bis Anja Niedringhaus" widmet sich der Bildberichterstattung aus internationalen Kriegen und Konflikten. Gezeigt werden rund 140 zwischen 1936 und 2011 entstandene Bilder der Fotojournalistinnen und Dokumentarfotografinnen Carolyn Cole (*1961), Françoise Demulder (1947-2008), Catherine Leroy (1944-2006), Susan Meiselas (*1948), Lee Miller (1907-1977), Anja Niedringhaus (1965-2014), Christine Spengler (*1945) und Gerda Taro (1910-1937). In ihren Aufnahmen geben die Fotografinnen einen fragmentarischen Einblick in die komplexe Realität des Krieges, vom Spanischen Bürgerkrieg über den 2. Weltkrieg und den Vietnamkrieg bis zu jüngeren internationalen Kriegsgeschehen im Balkan, in Afghanistan, Irak oder Libyen.

Die Positionen der acht Fotografinnen präsentieren verschiedene Zugänge zum Krieg und seinen Auswirkungen - von einer traditionellen Kriegsberichterstattung über eingebetteten Fotojournalismus bis hin zu innovativen Ansätzen sozialdokumentarischer Fotografie. Die gewählten Perspektiven bewegen sich dabei zwischen sachlicher Distanz und persönlicher Anteilnahme.

Die von Anne-Marie Beckmann und Felicity Korn kuratierte und von Nadine Wietlisbach für das Fotomuseum Winterthur adaptierte Ausstellung konzentriert sich auf weibliche Positionen. Sie verdeutlicht so die lange Tradition von in Krisengebieten tätigen Fotografinnen und bricht mit der weitläufigen Vorstellung, die Kriegsfotografie sei ein durchweg männlich besetztes Berufsfeld. Auch wenn sich die Inszenierungs- und Erzählstrategien der Fotografinnen nicht grundsätzlich von denen ihrer männlichen Kollegen unterscheiden, so mussten sich die Frauen ihre Position an vorderster Front doch immer wieder erkämpfen und sich ausserhalb der für sie vorgesehenen Strukturen bewegen. Dagegen erhielten sie aufgrund ihres Geschlechts in manchen Regionen und Kulturkreisen auch Zugang zu Familien und Betroffenen, der männlichen Kollegen verwehrt blieb. Damit wurde es ihnen möglich, ein differenziertes Bild von den Auswirkungen des Krieges auf die Zivilbevölkerung zu zeichnen.

Die in der Ausstellung gezeigten Bilder entstanden vorrangig für die schnelllebige Nachrichtenwelt. Sie prägten mit ihrer massenmedialen Verbreitung die um den Krieg geführten Diskurse sowie die Diskussionen um die umstrittene Wirkungsmacht seiner Visualisierung massgeblich mit. Über die Zeitspanne fast eines Jahrhunderts lässt sich damit auch die Entwicklung des Berufsfeldes der FotojournalistInnen ablesen - insbesondere vor dem Hintergrund einer sich konstant verändernden Medienlandschaft, die sich im Zuge der Digitalisierung abermals grundlegend im Wandel befindet.

Die von den Fotografinnen gewählten Bild- und Erzählstrategien sind das Ergebnis einer konstanten Suche danach, unvorstellbare Realitäten zu bezeugen, BetrachterInnen zu bewegen, sie für die komplexen geo- wie soziopolitischen Situationen in den Kampfzonen zu sensibilisieren und über deren Sichtbarmachung letztlich sowohl Haltungen wie Handlungen zu erwirken. Sie bleiben in Zeiten andauernden globalen Konfliktes Ausdruck der Überzeugung, dass die Auseinandersetzung mit Bildern von Gewalt dazu beitragen kann, Verantwortung zu übernehmen und Veränderung herbeizuführen.

Die Fotografinnen

Die deutsch-jüdische Fotografin Gerda Taro (1910-1937) ergriff in ihren Bildern vom Spanischen Bürgerkrieg Partei für die politische Agenda der RepublikanerInnen. Im noch jungen Format der Fotoreportage fanden ihre Bilder Einzug in Zeitschriften wie Vu oder Regards. Taro war die erste Kriegsfotografin, die im Einsatz umkam: Ihr tragischer Tod mit nur 26 Jahren erlangte 1937 internationale Aufmerksamkeit. Dennoch geriet sie wenig später in Vergessenheit, da Bildagenturen ihre Fotografien zunehmend ihrem Partner Robert Capa zuschrieben.

Als Korrespondentin des Modemagazins Vogue dokumentierte die amerikanische Fotografin Lee Miller (1907-1977) ab 1944 den Vormarsch der Alliierten gegen das Deutsche Reich. Zunächst beauftragt, in einem Lazarett zu fotografieren, fand sich Miller durch einen internen Kommunikationsfehler des Militärs an vorderster Front wieder. Sie begleitete die alliierten Truppen von der Normandie bis nach Süddeutschland. Miller gehörte zu den BildberichterstatterInnen, die direkt nach der Befreiung der Konzentrationslager Dachau und Buchenwald vor Ort waren.

Zu den bekanntesten FotojournalistInnen des Vietnamkriegs zählt die Französin Catherine Leroy (1944-2006). Ihre Bilder verdeutlichen, wie freizügig sie sich im Frontgeschehen bewegte: Sie fotografierte den Kampf gleichermassen aus der Luft wie zu Land und erstellte dabei häufig kurze Sequenzen aufeinanderfolgender Ereignisse. Magazine wie Paris Match und Life nutzten dieses narrative Potenzial und druckten ihre Bildstrecken seitenfüllend ab.

Auch Françoise Demulder (1947-2008) begann ihre Karriere im Vietnamkrieg, wo sie 1975, als die meisten ausländischen JournalistInnen bereits das Land verlassen hatten, exklusiv den Einmarsch der nordvietnamesischen Truppen in Saigon fotografierte. Im Rahmen ihrer Tätigkeit für die Bildagenturen Gamma und Sipa Press wendete sich Demulder ebenso militärischen Handlungen wie auch deren Folgen für die Zivilbevölkerung zu.

Die im Elsass geborene Christine Spengler (*1945) fotografierte erstmals im Tschad einen bewaffneten Konflikt, in der Folge dokumentierte sie ab den 1970er-Jahren international zahlreiche Kriegs- und Krisensituationen, mitunter ebenfalls in Vietnam, in Kambodscha, im Iran, in der Westsahara und im Libanon. In ihren Fotografien widmete sie sich insbesondere den einheimischen Frauen und Kindern und deren Leben hinter den Frontlinien.

Als unabhängige Fotografin dokumentierte die Amerikanerin Susan Meiselas (*1948) Ende der 1970er-Jahre den sandinistischen Aufstand gegen das Somoza-Regime in Nicaragua. Ihr Foto des "Molotov Man" ist zum Kultfoto avanciert und zirkuliert auch heute noch in ganz unterschiedlichen Kontexten als Zeichen des Protests. Für ihre Dokumentation wählte die Magnum-Fotografin das Medium der Farbe zu einer Zeit, als dessen Einsatz sich vornehmlich auf die kommerzielle Fotografie beschränkte. Ihr Buch Nicaragua gehört somit zu den frühesten farbigen Kriegsdokumentationen.

Ebenfalls in Farbe fotografiert die Amerikanerin Carolyn Cole (*1961), die seit 1994 für die Los Angeles Times arbeitet. Sie war als Fotojournalistin mitunter im Kosovokrieg, in Afghanistan, in Liberia und dem Irak tätig. Ihre Fotografien, die bis heute sowohl in den Print- wie auch den Onlinemedien genutzt werden, zeugen von einem aktuellen Zugang zur Kriegsfotografie, der nicht zuletzt die sich wandelnden technischen Bedingungen des Berufsfeldes wiederspiegelt.

Die deutsche Fotografin Anja Niedringhaus (1965-2014) war seit den 1990er-Jahren in Kriegs- und Krisengebieten tätig, vom Balkan bis zu den Kriegen im Irak, Afghanistan und Libyen. Besonders verbunden fühlte sich Niedringhaus der Zivilbevölkerung, deren Lebensumstände sie dokumentierte. Als "embedded journalist" stand sie an der Seite der SoldatInnen und berichtete über deren Einsatz in den Kampfzonen. Am 4. April 2014 wurde Niedringhaus im Rahmen ihrer Berichterstattung über die Wahlen in Afghanistan innerhalb eines Stützpunkts der Sicherheitskräfte in der Provinz Khost erschossen.

js

Kontakt:

https://www.fotomuseum.ch/de/explore/exhibitions/157027_women_war_photographers

anja niedringhaus

Bild: Anja Niedringhaus, Ein kanadischer Soldat des Royal Canadian Regiment verjagt bei einer Patrouille in Salavat ein Huhn. Sekunden später wird die Patrouille von Militanten mit über die Mauer geworfenen Handgranaten angegriffen, Salavat, Afghanistan, September 2010. © picture alliance / AP Images

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