BÜRO DLB - IDEE-REALISATION-KOMMUNIKATION
Daniel Leutenegger, Rathausgasse 18, CH-3011 Bern, www.ch-cultura.ch

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"SWISS POP ART – FORMEN UND TENDENZEN DER POP ART IN DER SCHWEIZ"

"SWISS POP ART – FORMEN UND TENDENZEN DER POP ART IN DER SCHWEIZ"

06.05.2017 Ausstellung im Aargauer Kunsthaus, Aarau, bis am 1. Oktober 2017


Bild oben: Hugo Schuhmacher, Käseschachtel Neutrale Schweiz, 1969
Graphit und Sprayfarbe auf Papier, 50.5 x 40.5 x 2.5 cm
Privatsammlung Zürich
Foto: Brigitt Lattmann

Bild unten: Urs Lüthi, Hello Jack, 1967
Acryl auf Pressplatte, Scharnier, 150 x 200 cm
Privatsammlung, Zürich

urs lüthi

Die Ausstellung Swiss Pop Art präsentiert erstmals einen umfassenden Überblick über die Pop Art hierzulande von 1962 bis 1972. Sie vereint rund 270 Gemälde, Skulpturen, Collagen, Fotografien und Objekte von 51 Kunstschaffenden aus allen Landesteilen.

Die Pop Art gilt als eine der wichtigsten internationalen Kunstströmungen der Nachkriegszeit. Ausgehend von Grossbritannien und den USA hat sie sich in den 1960er-Jahren rund um den Globus durchgesetzt. Auch für die Schweizer Kunstschaffenden war sie von Bedeutung. Beeindruckt von den provokativen Bildinhalten und den neuartigen Bildtechniken schufen sie Werke, die sich an die internationalen Vorbilder anlehnen, jedoch auch eine eigene künstlerische Sprache sprechen. Dabei kristallisierte sich eine spezifische Spielart der Pop Art heraus, die als typisch schweizerisch gelten darf.

Das Aargauer Kunsthaus widmet den spezifisch schweizerischen Formen und Tendenzen der Pop Art in der Deutschschweiz, im Tessin und in der Romandie eine gross angelegte Schau, welche über die bildende Kunst hinaus auch die Schnittstellen zur Kunst im öffentlichen Raum, zur Fotografie, zum Design und zur Musik beleuchtet.

Swiss Pop Art vereint rund 270 Gemälde, Papierarbeiten, Skulpturen, Filme und Objekte von Kunstschaffenden wie Fernando Bordoni, Samuel Buri, Niki de Saint Phalle, Emilienne Farny, Franz Gertsch, Rosina Kuhn, Urs Lüthi, Markus Raetz oder Peter Stämpfli.

Die Werke stammen aus dem Besitz der Kunstschaffenden, aus diversen Museums- und Privatsammlungen und aus der Sammlung des Aargauer Kunsthauses. Viele der Arbeiten wurden kaum je in Ausstellungen gezeigt und erlauben es dem Publikum, zahlreiche Neuentdeckungen zu machen. Daneben werden ausgewählte installative Arbeiten, wie beispielsweise Peter Stämpflis M 301 (1970), eigens für die Schau rekonstruiert.

franz gertsch

Franz Gertsch, Mireille, Colette, Anne, 1967
Dispersion auf Papier auf Pavatex, 118 x 77 cm
Aargauer Kunsthaus, Aarau

Pop Art - Swiss Made

Mit dem Aufflammen der Pop Art in der helvetischen Kunstlandschaft öffneten sich anfangs der 1960er-Jahre schlagartig neue Themen- und Bezugsfelder. Gänzlich neuartige Formen von Figuration machten sich breit, die sich mit ihren trivialen Motiven, ihrem plakativ vereinfachenden Stil und den bunt leuchtenden Farben dezidiert von der damals vorherrschenden abstrakten Kunst absetzten.

Pop Art war Ausdruck einer unverbrauchten Lebenshaltung einer durchgängig jungen Künstlerschaft. Die wichtigsten Werke der Schweizer Pop Art datieren auf die Jahre 1962 bis 1972. 1962 entstand mit Marc Eggers Carscape eine der ersten Arbeiten mit klarem Bezug zur Pop Art.

Ein Jahrzehnt lang hielt sich in einer bewegten Zeit des gesellschaftlichen und politischen Wandels das relativ unbeschwerte Lebensgefühl, das mit der künstlerischen Etablierung der Pop Art einherging. Spätestens mit der Ölkrise 1973 fand die Hochkonjunktur ein jähes Ende, was den Humus für einen "Pop Art Way of Life" auch hierzulande rasch austrocknen liess.

Nicht nur in der Schweizer Kunstgeschichte nimmt die Pop Art eine vergleichsweise kurze Zeitspanne in Anspruch. Auch im Schaffen vieler Künstlerinnen und Künstler stellt sie eine Art Übergangsphänomen dar, das häufig mit dem jeweiligen Frühwerk zusammenfällt.

Gewisse Kunstschaffende gerieten nach ihrer Pop-Phase in Vergessenheit, andere erlangten grosse Bekanntheit, meist aber mit Arbeiten, in denen sie die eindeutige Pop- Sprache bereits hinter sich gelassen hatten.

Ungeachtet ihres Episodencharakters im Schweizer Kunstgeschehen war die Pop Art wegweisend für viele Kunstschaffende: So fand Peter Stämpfli in den 1960er-Jahren über das Auto als Inbegriff der amerikanisch geprägten Konsumkultur, zu seinem Hauptmotiv, dem Pneuabdruck, das er über Jahrzehnte bis in die totale Abstraktion verfolgte.

Urs Lüthi schuf, selbst noch fast ein Jugendlicher, eine Reihe von Arbeiten, in denen er sich beispielsweise, wie im Acrylgemälde Supercortemaggiore (1967) auf die Produktpalette und das eingängige Logo des Ölkonzerns AGIP bezieht. Der Umgang mit Banalitäten und nicht den hehren Themen der Kunst war - so resümiert Lüthi heute rückblickend - der für ihn prägendste Aspekt der Pop Art. So bilden seine frühen, von der Pop Art beeinflussten Arbeiten den Grundstein für sein späteres Œuvre mit seiner charakteristischen Vermischung von Kunst und Leben.

Für Markus Raetz war die radikale Vereinfachung der Inhalte, wie in Goppenstein (1968), ein entscheidender Impuls der Pop Art, der sein Werk bis heute prägt. Die neuartigen Materialien, wie auch die kräftig-bunte Farbpalette waren durchwegs "pop" und setzten einen gewollten Kontrapunkt zu dem damals von den Zürcher Konkreten geprägten Kunstverständnis.

Somit ist es kein Zufall, dass das Erbe der Konkreten Kunst in der Schweizer Pop Art mannigfaltigen Widerhall findet: Farbige geometrische Formen werden mit figurativen Motiven kombiniert, so bei Alfred Auer, Fernando Bordoni oder Ueli Berger. Letzterer entwickelt zusammen mit seiner Frau Susi Berger-Wyss auch Möbel, wie den Soft-Chair (1967) oder die Wolkenlampe (1970), die zu den repräsentativsten Beispielen Schweizer Pop-Designs zählen.

etienne farny

Emilienne Farny, Sans titre, 1965
Acryl auf Papier, 63.5 x 49.5 cm
Collection Privée
Foto: Brigitt Lattmann

Die Bildwelten der Pop Art

Die Pop Art brachte die Bildwelten des Alltags in die Kunst, auch in der Schweiz. Massenkultur - Werbung, Mode, Popmusik - aber auch das aktuelle Zeitgeschehen sind in der Ausstellung wiederkehrende Themen.

Während Bendicht Fivian der Lady Jane des Rolling Stones Hits von 1966 ein Gesicht verleiht (Lady Jane, 1968), reduziert Franz Gertsch die legendäre Band in seiner frühen grossformatigen Serie Rolling Stones (1968) auf ihre Umrisse.

Künstlerinnen wie Emilienne Farny, Rosina Kuhn oder Margrit Jäggli beschäftigen sich demgegenüber u.a. mit dem neuen Bild der Frau, das zwischen Werbung, Minirock und Bikini sowie Frauenbewegung und sexueller Befreiung neu erfunden werden musste.

Die Raumfahrt unter dem Einfluss des "Megaevents" der ersten Mondlandung findet Niederschlag in diversen Darstellungen von Astronauten oder wie bei Carl Bucher in seinen Landings genannten Ufo-artigen Flugkörpern. Dass das Pop-Jahrzehnt starke Gegensätze - wie etwa Vietnam-Krieg und Hippie-Bewegung - vereint, zeigt Urs Dickershofs Frühlingsbombe.

Eine besondere Spielart der Schweizer Pop Art ist das Einbinden folkloristischer Bildtraditionen, sei es durch den Rückgriff auf typisch schweizerische Motive oder Anleihen an lokalen Formen der Volkskunst.

Samuel Buri greift das urchige Motiv des Schweizer Chalets auf, das er gerastert und in rauschhaften Farbkombinationen, wie in Chalet psychédélique (1967), wiedergibt. Barbara Davatz wiederum präsentiert in ihrer handkolorierten Fotoserie Souvenirs aus Appenzell (1968) ländliche Postkartenmotive in farbiger Übersteigerung à la Warhol.

Neben typisch schweizerischen Landschaftsmotiven interessieren auch die fortschreitende Urbanisierung, die Zersiedlung und die Erschliessung der überbauten Natur, beispielsweise in den Arbeiten von Max Matter und Jean-Claude Schauenberg.

samuel buri

Samuel Buri, Chalet psychédélique, 1967
Acryl, Kunstharzspray und Floc auf Baumwolle, 97 x 130 cm
Aargauer Kunsthaus, Aarau
Foto: Jörg Müller

Pop-Art-Forschung aus Schweizer Perspektive

Mit der Ausstellung Swiss Pop Art positioniert sich das Aargauer Kunsthaus in einem international geführten Diskurs: Der Blick auf das internationale Kunstgeschehen macht deutlich, welche Aktualität die Pop Art heute wieder besitzt. Dies belegen die internationalen Ausstellungsprojekte zum Thema, u.a. The World Goes Pop, Tate Modern, 2015-2016; International Pop, Walker Art Center, 2015 oder German Pop, Schirn Kunsthalle Frankfurt, 2014-2015.

Einher geht damit eine Neubewertung der Pop Art, welche die Strömung nicht ausschliesslich als klar umrissenes, von England und den USA diktiertes Phänomen deutet, sondern als ausgesprochen internationale Bewegung mit ausgeprägten regionalen Erscheinungsweisen, welche auf bestehende Traditionen, die regionale Kunst aber auch den kulturellen und politischen Kontext reagieren. Der Zeitpunkt für die Ausstellung ist auch aus der Perspektive der kunsthistorischen Forschung ideal, da sich die Gelegenheit bot, im Zuge der Ausstellungsvorbereitungen Oral History Interviews mit den Protagonisten von damals zu führen und so wertvolle Informationen zu gewinnen.

Beteiligte Kunstschaffende

Hans-Peter von Ah (1941, Sachseln, OW - 2011, Luzern)


Alfred Auer (1937, Wartau, SG - 2012, Winterthur, ZH)


Susi und Ueli Berger (*1938, Luzern, lebt in Ersigen BE, / 1937,
Bern - 2008, Bern)


Livio Bernasconi (*1932, Muralto, TI, lebt in Carona, TI)


Fernando Bordoni (*1937, Mendrisio, TI, lebt in Lugano)


Francois Boson (*1949, Fully, VS, lebt in Fully, VS)


Anton Bruhin (*1949, Lachen, lebt in Zürich)


Carl Bucher (1935, Zürich - 2015, Zürich)


Samuel Buri (*1935, Täuffelen, BE, lebt in Basel)


Roman Candio (*1935, Murgenthal, AG lebt in Solothurn)


Ellen Classen (*1937, Paderborn, lebt in Zürich)


Barbara Davatz (*1944, Zürich, lebt in Steg, ZH)


Urs Dickerhof (*1941, Zürich, lebt in Biel)


Herbert Distel (*1942, Bern, lebt in Katzelsdorf, A)


Franz Eggenschwiler (1930, Solothurn - 2000, Bern)


Marc Egger (1939, Glarus - 2014, Sant Pere de Ribes, E)


Emilienne Farny (1938, Neuenburg, NE - 2014, Lausanne, VD)


Franz Fedier (1922, Erstfeld, UR - 2005, Bern)


Renzo Ferrari (*1939, Cadro, TI, lebt in Cadro)


Bendicht Fivian (*1940, Bern, lebt in Winterthur)


Franz Gertsch (*1930, Mörigen, BE, lebt in Rüschegg)


Trix und Robert Haussmann (*1933, Chur / *1931, Zürich, leben in Zürich)

Margrit Jäggli (1941, Bern - 2003, Bern)


Markus Kaufmann (*1939, Basel, lebt in Basel)


Friedrich Kuhn (1926, Gretzenbach, SO - 1972, Zürich)


Rosina Kuhn (*1940, Zürich, lebt in Zürich)


Jean Lecoultre (*1930, Lausanne, VD, lebt in Lausanne)


Urs Lüthi (*1947, Luzern, lebt in München, D)


Max Matter (*1941, Aarau, AG, lebt in Aarau)

Markus Müller (*1943, Suhr, AG, lebt in Boniswil)


René Myrha (*1939, Délémont, JU, lebt in Les Breuleux, JU)


Flavio Paolucci (*1934, Torre, TI, lebt in Biasca, TI)


Markus Raetz (*1941, Büren an der Aare, BE, lebt in Bern)


Monika Raetz - Müller (*1945, Dietikon, lebt in Bern)


Pierre Raetz (1936, Neuenburg - 2016, La Chaux-de-Fonds)


Werner Ritter (*1933, Basel, lebt in Basel)


Dieter Roth (1930, Hannover, D - 1998, Basel)


Christian Rothacher (1944, Aarau, AG - 2007, Aarau, AG)


Niki de Saint-Phalle (1930, Neuilly-sur-Seine, F - 2002, San Diego, USA)

Jean-Claude Schauenberg (*1940, Lausanne, VD, lebt in Lausanne)


Willi Schoder (*1930, Windisch, lebt in Laufenburg, AG)


Hugo Schuhmacher (1939, Zürich - 2002, Zürich)

Albert Siegenthaler (1938, Endingen, AG - 1984, Leibstadt, AG)


Daniel Spoerri (*1930, Galati, Rumänien, lebt in Lostallo, GR)


Peter Stämpfli (*1937, Deisswil bei Münchenbuchsee, BE, lebt in Paris)

Marcel Stüssi (1943, Sargans, SG - 1997, Basel)


Jean Tinguely (1925, Freiburg i. Ue. - 1991, Bern)


Max Wiederkehr (1935, Zürich - 2008, Lupfig)


Marianne Wydler (1939, Zürich - 2016, Zürich)

Vermittlungs- und Veranstaltungsraum


Eigens für die Ausstellung im Aargauer Kunsthaus wurde vom Künstlerduo L/B, bestehend aus Sabina Lang und Daniel Baumann, ein Vermittlungs- und Veranstaltungsraum konzipiert. Über einen klassischen Lesesaal hinausgehend kann er von den Besucherinnen und Besuchern für die individuelle Vertiefung genutzt werden, er bietet aber auch Platz für Vorträge und Sonderveranstaltungen. Er lädt dazu ein, sich in Büchern weiterführende Informationen zu Kunstschaffenden zu holen, mittels alten Fernsehbeiträgen in das Geschehen der 1960er-Jahre einzutauchen und aus einer Jukebox die passende Musik aus der damaligen Zeit zu hören.

Sabina Lang (*1972) und Daniel Baumann (*1967) leben in Burgdorf und arbeiten seit 1990 zusammen. Ihr Schaffen wurde bereits mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Kulturpreis, Burgergemeinde Burgdorf (2010) oder dem Swiss Art Award, Bundesamt für Kultur (2002/1998).

Publikation

Zur Ausstellungseröffnung erscheint eine umfangreiche Publikation auf Deutsch, Englisch und Französisch. In wissenschaftlichen Texten wird die fundierte, kunsthistorische Aufarbeitung der Pop Art aus Schweizer Perspektive bewerkstelligt und mit umfassendem Bild- und Informationsmaterial illustriert. Essays zu den Einflüssen der Pop Art in den Bereichen Design, Kunst im öffentlichen Raum, Grafik / Typografie und Musik erlauben es, die Thematik disziplinübergreifend in einem grösseren Kontext zu verorten. Eine Text-Bild-Chronologie beleuchtet den politisch und gesellschaftlich äusserst ereignisreichen Zeitkontext der Pop Art, und die Künstlerbiografien geben einen Überblick über die an der Ausstellung beteiligten Kunstschaffenden.

Das Standardwerk zur Schweizer Pop Art vereint Texte von Yasmin Afschar, Karoliina Elmer, Bernadette Fülscher, Kornelia Imesch, Dora Imhof, Renate Menzi, Franz Müller, Samuel Mumenthaler, Astrid Näff, Philipp Stamm, Madeleine Schuppli, Katrin Weilenmann u.a.

Swiss Pop Art. Formen und Tendenzen 1962-1972, Hrsg. Madeleine Schuppli
und Aargauer Kunsthaus, Aarau, Scheidegger & Spiess, Zürich, 2017, ISBN 978-3-85881-536-1

eGuide

Die Ausstellung ist per eGuide erlebbar. Dieser enthält zahlreiche Informationen zu Werken und Kunstschaffenden sowie zehn thematische Aufgabenstellungen für Jugendliche. Der eGuide steht als App im App Store und auf Google Play gratis zum Downloaden bereit. Für den Ausstellungsrundgang stehen den Besucherinnen und Besuchern Leihgeräte zur Verfügung.

akh

Kuratorinnen:

Madeleine Schuppli und Katrin Weilenmann

Mehr / Kontakt:

http://www.aargauerkunsthaus.ch/

anton bruhin

Anton Bruhin, Stillleben Bazooka, um 1965
Farbstift auf Papier, 23 x 19.5 cm
Leihgabe des Künstlers
Foto: Brigitt Lattmann

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