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RADIO-TIPP: "WEDER HOCHDEUTSCH NOCH MUNDART"

RADIO-TIPP: "WEDER HOCHDEUTSCH NOCH MUNDART"

28.05.2020 Radio SRF 1, "Schnabelweid" vom heutigen Donnerstag, 21.03 Uhr


Bild: Dragica Rajcic und Roland Reichen - Foto: © SRF

Der Berner Oberländer Roland Reichen und die in der Schweiz und in Österreich lebende gebürtige Kroatin Dragica Rajcic schreiben Literatur in einer je ganz eigenen, charakteristischen Sprache zwischen Hochdeutsch und Herkunft.

"Versehrte Sprache von versehrten Menschen"

Rajcic und Reichen erzählen Geschichten von sozial Randständigen, von Gewalt, Drogen und Armut. Ihre Figuren leben in prekärsten Verhältnissen. Erträglich macht dieses Elend die stark verfremdete literarische Sprache, die beide in ganz unterschiedlicher und doch verwandter Art und Weise pflegen.

"Auf der Strecki"

Roland Reichen mischt Hochdeutsch mit Mundartwörtern und Mundartstrukturen. Das ist nicht neu. Silvia Tschui, Arno Camenisch, früher auch Tim Krohn setzen dieses Stilmittel seit langem ein in ihren Romanen. Aber Reichen geht einen Schritt weiter. Bei ihm finden sich auch falsche Verhochdeutschungen wie "ausenhäuschig" (zu mundartlich usehäuschig "trotzig") oder "den wirft ein keiner aus der Stifti" (zu mundartlich e kene "keiner"). Damit schafft er bewusst eine eigene Zwischensprache, die aber keinen konsequent angewendeten Regeln folgt. Diese Sprache steht ausserhalb jeglicher Norm - genau wie die literarischen Figuren, die sie sprechen. Die Sperrigkeit und unfreiwillige Komik dieser Sprache ist es, die uns das menschliche Elend im üblicherweise heimatheilen Berner Oberland erträglich macht.

"Glück"

Eine ähnlich "poetisierende" Wirkung hat Dragica Rajcics dem sogenannten "Balkanslang" entlehnte Sprache. Auch hier macht die Mischung aus fehlenden Artikeln und Präpositionen, aus verknappten Satzkonstruktionen sowie stilistischen und lexikalischen Ungenauigkeiten das himmelschreiende Unrecht auf der Welt erträglich - wenn eine peinliche Befragung zur "Ausfragung" wird oder ein sich Betrinkender zusehends "eingeheitert" wird statt "angeheitert". Dragica Rajcic erzählt in ihrem Roman "Glück" das leidvolle Leben der Ana Jagoda aus Glück, einem Dorf in Dalmatien. In diesem Leben kommt Glück nur sehr selten vor, Gewalterfahrung und Erniedrigung dafür um so häufiger.

Reden über Sprache

Soll man von einer "versehrten Sprache" sprechen oder ist es einfach eine (künstliche) Sprache bestimmter Menschen? Gibt diese literarische Kunstsprache sozialen Randgruppen eine eigene Stimme? Worin besteht das Poetische, das Erlösende dieser Sprache? Im Gespräch mit Literaturredaktor Markus Gasser gehen Roland Reichen und Dragica Rajcic dem Verhältnis zwischen ihren literarischen Sprachen und ihren literarischen Figuren und Welten auf den Grund.

Redaktion: Markus Gasser

Hören:

https://www.srf.ch/play/radio/popupaudioplayer?id=3e17c106-acc6-4bbc-9e79-cecc76d4732a

Radio-Link:

https://www.srf.ch/sendungen/schnabelweid/weder-hochdeutsch-noch-mundart

Zu den Büchern:

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